Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit
www.baustein.dgb-bwt.de   DGB-Bildungswerk Thüringen e.V.

A

Einführung
KONZEPT

Einführung - Konzept

Der vorher-nachher-Effekt

Seminarvor- und -nachbereitung ist ein aaah und oooh!

Ein schönes Seminar ist ein Gesamtkunstwerk. Es bedarf einer gründlichen Vorbereitung, der aufmerksamen Prozesskontrolle und einer sorgfältigen Auswertung. Oft macht diese Regiearbeit mehr Arbeit als das eigentliche Seminar.

Vorbereitung

In der Vorbereitung sind viele Fragen zu klären. Zu den wichtigsten, die meist im Gespräch mit dem Auftraggeber / der Auftraggeberin zu klären sind, gehören:

Ziele und Zielgruppe

  • Welche (inhaltlichen, pädagogischen, politischen) Ziele hat der Auftraggeber / die Auftraggeberin des Seminars? Was erwartet er / sie von uns?
  • Welche Ziele will ich erreichen?
  • Welche Zielgruppe soll angesprochen werden: Jugendliche, Auszubildende, BetriebsrätInnen, nur Frauen oder Männer, Mehrheitsdeutsche und Menschen mit Migrationshintergrund, Gewerkschaftsmitglieder oder auch Unorganisierte?
  • Welche spezifischen Interessen und Ziele sind für diese Gruppe und Einzelne darin darin wichtig?

Thema und Inhalte

  • Was ist mit dem Themenschwerpunkt genau gemeint?
  • Was könnte die TeilnehmerInnen an dem Thema besonders interessieren?
  • Welcher rote Faden kann entwickelt werden, ohne dass die spontanen Anliegen der TeilnehmerInnen untergehen?
  • Welche Inhalte sind zur Zielerreichung sinnvoll?
  • Gibt es Fragen und Konflikte, die die TeilnehmerInnen aktuell beschäftigen?
  • Wo und wie berührt das Thema den (betrieblichen) Alltag der TeilnehmerInnen?
  • Sind bereits Verbindungen des Seminarthemas zu Themen wie Rassismus, Ausgrenzung etc. erkennbar, wenn ja, welche?

Einladung

  • Wer lädt wie ein?
  • Welche Personengruppen können sich wirklich – inhaltlich, seminarkulturell und sprachlich – willkommen fühlen?
  • Werden MigrantInnen / Minderheiten gezielt angesprochen?

Die TeilnehmerInnen

  • Welche Erfahrungen, Vorkenntnisse und Interessen bringen sie mit?
  • In welchen Lebenslagen befinden sich die TeilnehmerInnen?
  • Wie ist das Geschlechterverhältnis, welche Erfahrungen haben die TeilnehmerInnen mit Rassismus und Ausgrenzung, gibt es Migrationserfahrungen? Ergibt sich der Bedarf erfahrungsbezogener Gruppenarbeit?
  • Kommen die TeilnehmerInnen allein oder in Gruppen?
  • Wie groß ist die Gruppe?

Methoden

  • Welche Methoden sind zur Zielerreichung sinnvoll?
  • Welche Arbeitsformen können die Interessen und Erfahrungen der Teilnehmenden ermitteln?
  • Welche sind geeignet, gesellschaftliche und betriebliche Handlungsbedingungen zu reflektieren und einen Praxistransfer zu leisten?
  • Welche Methoden eignen sich speziell für das Seminarthema (Exkursionen, ZeitzeugInnen- und ExpertInnengespräche, …)?

Rahmenbedingungen

  • Wo findet das Seminar statt und welche Bedingungen finden wir dort vor?
  • Können am Seminarort lokale Strukturen für das Seminar nutzbar gemacht werden (Exkursionen, ReferentInnen, thematische Nähe, ...)?
  • Welche Seminarbedingungen bietet das Tagungshaus und welche Atmosphäre finden wir vor?
  • Wie ist die Verpflegung (vegetarisch, gibt es Ernährung ohne Schweinefleisch für Muslime …)?
  • Wie sieht es aus mit Räumen, Technik, PC, Internet-Zugang, Kopierer, Büro, Bibliothek, …?

Team

  • Wird im Team gearbeitet, kennt sich das Team, wie viel Zeit und welche Bedingungen gibt es für die gemeinsame Vorbereitung?
  • Wie kann ich meine Ideen und Zugänge meinen MitreferentInnen nahebringen?
  • Welche Erfahrungen bringen wir selbst in den Seminarprozess ein?
  • Wo sind die jeweiligen Kompetenzen der Team-Mitglieder?
  • Wie steht es mit der Erfahrungsvielfalt des Teams? Finden unterschiedliche Lebenslagen, Geschlechter, (Migrations-)Biographien im Team eine Verkörperung?
  • Wie können wir damit umgehen, wenn wir über Erfahrungen sprechen wollen, die wir selbst nicht gemacht haben?

Nach dem Seminar

  • Wie kann das Seminar in den Alltag zurück wirken, welcher Transfer von Ergebnissen ist geplant?
  • Gibt es dafür unterstützende Personen, Organisationen oder Gruppen?
  • Kann das Team die Praxis nach dem Seminar unterstützen, wenn ja, wie?
  • Soll es ein Nachtreffen oder eine gemeinsame Weiterarbeit geben?

Unter Berücksichtigung dieser Fragen kann das Seminar inhaltlich und methodisch vorbereitet werden. Wie es sich am Anspruch orientieren kann, nicht rassistisch zu sein, beschreibt Teil B phasenorientiert und Teil C themenorientiert. Zwei Beispiele, wie das Thema Rassismus in Seminare einbezogen werden kann, sind in KONZEPTUnser Konzept. A, Seite 5 beschrieben.

Die Umsetzung eines nicht-rassistischen oder antirassistischen Mainstreamings erfordert keine zusätzliche Seminarzeit. Wohl aber eine andere Perspektive und Pufferzeiten für ausufernde Diskussionen, Klärungszeiten für damit offen gelegte Konflikte und Feedbackzeiten, in denen die TeilnehmerInnen den bisherigen Seminarverlauf auch unter diesem Aspekt reflektieren und bewerten können.

Qualitätskontrolle während des Seminares

Während des Seminares sollte der Prozess nicht aus dem Blick verloren werden. Einerseits sind dafür Teambesprechungen notwendig, andererseits die Reflexion mit den TeilnehmerInnen, z.B. in Feedbackrunden ( METHODEFeedback. B.6, Seite 128 ). Das heißt, dass sowohl der Ablauf des Seminars als auch die Inhalte und ihre Bearbeitung auf dem Prüfstand stehen.

Hier sollte das Team sich Notizen machen, wie was gelaufen ist, was gut, was eher problematisch war und warum. Diese Mitschrift erleichtert die Planung der nächsten Schritte, die Auswertung und die Vorbereitung der nächsten Seminare.

Nachbereitung

Jedes Seminar sollte mit dem gesamten Team und mit dem Auftraggeber / der Auftraggeberin ausführlich nachbereitet werden. Die Rückmeldungen der TeilnehmerInnen sollten berücksichtigt werden. Wichtige Erfahrungen sollten dokumentiert und für spätere Seminare zur Verfügung gestellt werden. Überlegungen für Konzeptänderungen sollten festgehalten werden.

Langfristige Planung

Die Seminarvorbereitung beginnt oft schon mit der Veröffentlichung eines Bildungsprogramms im Vorjahr. Bereits hier müssen inhaltliche Schwerpunkte so weit bestimmt sein, dass die Interessierten erkennen, wofür sie sich anmelden. Je nachdem, ob ein Seminar in der Grundstruktur bereits steht (z.B. Grundseminare) oder ob ein völlig neues Konzept entwickelt wird, muss das erste Vorbereitungstreffen entsprechend frühzeitig stattfinden.

Das erste Treffen sollte mindestens acht Wochen vor Seminarbeginn stattfinden. Entsprechend unseres Prinzips der „nicht-rassistischen Bildungsarbeit“ ist genau zu überprüfen, wo zum gewählten Thema die Zugänge und inhaltlichen Aspekte liegen. Eine gute Vorbereitung sorgt dafür, dass wir uns sicherer im Seminar fühlen. Wer die Inhalte und Methoden des Seminars gut vorbereitet hat, kann sich sehr viel besser auf die TeilnehmerInnen und die Gruppendynamik einlassen und auch vom vorgesehenen Plan abweichen.

Literaturhinweise:
Langmaack, Barbara / Braune-Krickau, Michael (1989): Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen zum Planen und Leiten von Gruppen. Ein praktisches Lehrbuch, 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. München.
IGM (1998): Rahmenkonzeption für die Bildungsarbeit, Themenheft Lernen. Vertrieb über Union-Druckerei Frankfurt / M.

Übersicht
A
Idee, Hintergrund, Konzeption
B.1
Jetzt geht's los!
B.2
Erfahrungen
B.3
Gesellschaft begreifen
B.4
Tu was!
B.5
Wie die Zeit verging
B.6
Themenungebundene Methoden
C.1
Von Vor- und anderen Urteilen
C.2
Antisemitismus entgegentreten
C.3
Rassismus als gesell. Verhältnis
C.4
Rassismus und Sprache
C.5
Sicherheit und Gewalt
C.6
Rechte Bilderwelten
C.7
Nation und Nationalismus
C.8
Migration
C.9
Weltarbeit und Wirtschaftswelt
C.10
Diskriminierung
D
Literatur, Medien, Adressen
E
Register, Inhalt
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